Kein Verbot von sogenannter "Vitamin-Therapie" - aber Schutz vor Quacksalberei

Das Europäische Parlament hat in zweiter Lesung eine Richtlinie zur Harmonisierung der Regeln über Nahrungsergänzungsmittel (z.B. Vitamine und Mineralien) angenommen. Damit soll sichergestellt werden, dass zum Beispiel Vitaminpräparate in Zukunft in ganz Europa frei erhältlich sind, aber einheitliche Standards zum Schutz der Verbraucher gelten.

Im Vorfeld der Abstimmung wurden die Abgeordneten von einer nie dagewesenen Lobby-Kampagne heimgesucht. Herr Dr. Matthias Rath, deutscher Arzt, der seit einigen Jahren von den Niederlanden aus hochdosierte Vitaminpräparate in ganz Europa vertreibt und dabei die Heilung zahlreicher Krankheiten durch die sogenannte Zellularmedizin verspricht, aktivierte tausende seiner Kunden, gegen das sogenannte "Vitamin-Verbot" in Europa zu stimmen. Zum Teil erreichten die Abgeordneten an einem Tag mehrere hundert e-mails, und das e-mail-System brach mehrfach zusammen. Die aufgebrachten Bürger beschwerten sich darüber, dass "die segensreiche Zellularmedizin durch hochdosierte Vitaminpräparate verboten werden solle, damit die Pharamaindustrie ihre Produkte, die der Menschheit schaden, aber der Industrie sehr viel Geld bringen, weitervermarkten könne".

Dazu erklärte Dr. Peter Liese, Arzt und Mitglied des Europäischen Parlamentes:

"Die pharmazeutische Industrie ist an vielen Richtlinien in der EU sehr interessiert. Es vergeht fast kein Tag, an dem die Vertreter irgendeines Verbandes oder irgendeiner Firma nicht mein Büro wegen einer Richtlinie kontaktieren. Kein einziger Pharmalobbyist hat mich jedoch wegen der Richtlinie über Nahrungsergänzungsmittel kontaktiert. Es ist schlicht gelogen, wenn behauptet wird, dass die Pharma-Industrie diese Richtlinie initiiert hat. Der Verkauf von Vitaminen wird durch die Richtlinie auch in keinster Weise verboten. Es wird lediglich nach einer Übergangszeit verlangt, dass man Dosierungsangaben auf der Packung angeben muss, um mögliche Überdosierung zu vermeiden, und dass man keine ungerechtfertigten, wissenschaftlich nicht gesicherten Heilsversprechen abgeben darf.

Medizinisch ist es sicher am sinnvollsten, Vitamine in ihrer natürlichen Form, z.B. als Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. Zeitweise mag auch eine Tablette hilfreich sein.

Es besteht jedoch auch die Gefahr von Überdosierung. Dabei kann Vitamin C zu Nierensteinen führen, Vitamin A zu Wachstumsverzögerungen sowie Leber- und Milzschäden und Vitamin D zur Verzögerung der geistigen und körperlichen Entwicklung bei Kindern und zu Kalziumentzug aus Knochen und Gewebe. Vitamin K kann  bei Überdosierung Thrombosen erzeugen und bei Neugeborenen zu einem schweren Mangel von roten Blutkörperchen (Anämie) führen. Vitamin B1 kann bei 1000facher Überdosierung der empfohlenen Dosis zu Schock führen.

Deswegen ist es sicherlich richtig, die Verwendung von Vitaminen in ganz Europa zu regulieren und auch die  potentiellen Nebenwirkungen bei Überdosierung im Auge zu behalten. Nichts anderes tut die Richtlinie, und deshalb ist sie auch aus ärztlicher Sicht zu unterstützen."