Viele richtige Ansätze, aber zu wenig Konkretes / Wir brauchen keine Papiere in 2007, sondern Handeln in 2006

Die Europäische Kommission hat am Mittwoch ein Grünbuch mit dem Titel „Strategie für sichere, wettbewerbsfähige und nachhaltige Energie für Europa“ vorgelegt. Das Grünbuch soll unter anderem eine Reaktion auf die Gaskrise zwischen der Ukraine und Russland, sowie auf die gestiegenen Öl- und Gaspreise sein. Auch soll damit das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in zwei Wochen vorbereitet werden, das sich schwerpunktmäßig mit der Energiepolitik beschäftigt. Das Grünbuch enthält eine Beschreibung der Situation und Anregungen für eventuelle Lösungen.

In dem Dokument sind viele richtige Ansätze, aber zu wenig Konkretes. Positiv sind allerdings die Aussagen zur Kernenergie.

Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass der Ausstieg aus der Kernenergie die CO2-Emmissionen erhöhen kann und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verschärft Ich unterstütze ebenfalls grundsätzlich die Ausführungen zur Energieeffizienz, zu erneuerbaren Energien und zum Klimaschutz. Die Kommission erkennt erneut an, dass Energieeffizienz und erneuerbare Energien ein wichtiger Teil der zukünftigen Energiestrategie sein müsse. Auch die Notwendigkeit des Klimaschutzes wird in bemerkenswerter Klarheit dargelegt.

Ich vermisse jedoch gerade in diesen Bereichen konkrete Festlegungen. Neben dem zumindest mittelfristigen Festhalten an der Kernenergie, ist die Verbesserung der Energieeffizienz und der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien der Schlüssel, um unsere Energieprobleme zu beseitigen.

Gerade im Bereich der Gebäude (Heizen und Kühlen) gibt es enorme Potentiale, die kostengünstig erschlossen werden können. Energiekommissar Piebalgs hat zwar schon vor zwei Wochen angekündigt, dass er in 2006 eine Richtlinie zu dem Thema vorlegen wird, aber das Grünbuch ist an dieser Stelle nicht sehr klar. Insbesondere fehlt eine Festlegung auf konkrete Ziele für das Jahr 2020.

Außerdem fehlt ein Ansatz zur Harmonisierung der verschiedenen Systeme zur Unterstützung der Gewinnung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Skeptisch bin ich auch gegenüber neuen Institutionen, wie einem europäischen Energieversorgungsobservatorium und einem europäischen Zentrum für Energie und Netzwerke.

Zu häufig versucht die Europäische Kommission das Handeln durch die Schaffung von Institutionen zu ersetzen. Auch der Vorschlag, europäische Gas- und Ölvorräte anzulegen, den schon die frühere Energiekommissarin Loyola de Palacio gemacht hatte, ist nicht überzeugend. Ebenso fehlen deutliche Worte der Europäischen Kommission zum mangelnden Wettbewerb im europäischen Energiemarkt.

Insgesamt ist in dem Papier zu häufig die Rede davon, dass 2007 neue Papiere vorgelegt würden. Wir brauchen aber keine Papiere in 2007, die Krise erfordert Handeln in 2006. Die Kommission hat die richtigen Fragen gestellt, Rat und Parlament müssen jetzt schnell die richtigen Antworten geben.

Vom Gipfel Ende März erwarte ich mir mehr konkrete Festlegungen als in dem Grünbuch. Die deutsche Bundesregierung hat hier eine wichtige Verantwortung. Energiekommissar Piebalgs sollte bei seinen Bemühungen, die Import-Abhängigkeit zu reduzieren, stärker unterstützt und nicht wie durch einige sozialistische Kommissare, gebremst werden.