Gut fürs Klima und gut für Arbeitsplätze / 25-mal mehr Beitrag zum 2030 Ziel als CO2 PKW Regelung / Seeverkehr, kommerzieller Straßenverkehr und Gebäude sowie Prozessemissionen für kleinere Betriebe einbezogen

„Die heutige Entscheidung des Plenums ist gut für das Klima und gut für die Arbeitsplätze. Ich bin sehr erleichtert und froh, dass eine große Mehrheit jetzt ihre Verantwortung nachkommt,“ so kommentierte der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der CDU-Abgeordnete Dr. Peter Liese, die Zustimmung seiner Kollegen zum größten Klimaschutzgesetz aller Zeiten. „Mit dieser Entscheidung schreiben wir rechtlich verbindlich vor, dass wir in den nächsten 8 Jahren mehr CO2 einsparen, als in den letzten 30 Jahren. Das heißt, wir müssen mindestens 4-mal so viel pro Jahr schaffen. Das ETS ist das Kernstück des Fit for 55 Pakets: wir schaffen damit eine Reduktion von 1,5 Milliarden Tonnen CO2, d.h. 1.500 Mio. Die umstrittene Entscheidung zu CO2 PKW bringt bis 2030 nur 60 Mio .“

Entscheidend für die große Zustimmung war eine Einigung zwischen den drei größten Fraktionen (Christdemokraten, Sozialdemokraten und die liberale Renew Fraktion) über den Zeitplan zu Einführung eines Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und das Auslaufen der kostenlosen Zertifikate für die betroffene Industrie wie Stahl-, Zement-, und chemische Industrie. Die Einigung sieht vor, dass die Reduktion der kostenlosen Zertifikate und der Beginn von CBAM erst in 2027 beginnt. Das ist 2 Jahre später als vom Umweltausschuss vorgesehen und 1 Jahr später als von der Kommission vorgeschlagen. Der Beginn soll zudem sehr vorsichtig sein mit nur 7% Belastung für Produkte aus Drittstaaten und 7% weniger kostenloser Zuteilung in der EU. Dann soll es allerdings sehr schnell gehen, 2032 soll der Mechanismus voll wirken. Das ist 3 Jahre früher als von der Kommission vorgesehen. „Für uns als EVP ist es wichtig, dass der neue Grenzausgleichsmechanismus zunächst sorgfältig vorbereitet wird und wirklich gut funktioniert, bevor die kostenlosen Zertifikate gestrichen werden. Die Einführung des Mechanismus ist ein Mammutprojekt. Sie muss erstmal technisch funktionieren und vor allen Dingen brauchen wir Akzeptanz in den Drittstaaten. Das alles ist nicht selbstverständlich. Wenn aber die kostenlosen Zertifikate überhastet reduziert werden und ganz verschwinden, ohne dass CBAM funktioniert, kann das zu massiven Arbeitsplatzverlusten führen. Wenn er dann funktioniert, kann man ihn auch schnell vollständig einführen,“ so Liese.


Viele Beschlüsse, die das Europäische Parlament bereits vor 2 Wochen am 08. Juni gefasst hatte, wurden in der Abstimmung am Mittwoch bestätigt. Das Ambitionsniveau für die vom Emissionshandel erfassten Bereiche, wird von 43% auf 63% angehoben. Die Europäische Kommission hatte nur 61% vorgeschlagen. Wichtig ist, wir geben der Industrie und den Menschen Luft zum Atmen in dieser schwierigen Phase, in der wir russisches Gas ersetzen müssen. Robert Habeck hat Recht, dass wir mehr Kohle verbrennen müssen. Deshalb ist das Ambitionsniveau bis 2026 geringer. Wir holen diesen Rückstand aber bis 2030 mehr als auf. Unternehmen, die besonders innovativ sind und sich auf den Weg zur Klimaneutralität machen, erhalten zusätzliche Anreize. Die Unternehmen, die allerdings keine Investitionen tätigen und keine glaubwürdigen Dekarbonisierungspläne haben, müssen damit rechnen, dass ihnen 100% der kostenlosen Zertifikate gestrichen werden. Teil des Kompromisses ist auch ein Änderungsantrag, der vor allen Dingen für die Stahlindustrie wichtig ist. Die Systematik bei der Erstellung der Benchmarks wird im Vergleich zum bisherigen System nicht verschärft. Auf diesen Punkt hatten, neben der christdemokratischen Fraktion auch das von den Grünen geführte Wirtschafts-und Klimaministerium in Berlin hingewirkt.

Erstmals wird der Seeverkehr in den Emissionshandel einbezogen. „Seit vielen Jahren kämpft das Europäische Parlament für strenge Umweltregeln im Bereich des Seeverkehrs. Schiffe verbrennen oft den letzten Dreck und waren bisher kaum den europäischen Umwelt- und Klimaschutzgesetzgebungen unterworfen. Dies ändert sich jetzt. Wichtig ist, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel nicht im allgemeinen Haushalt verschwinden, sondern der Industrie für Investitionen in saubere Schiffe und entsprechende Infrastruktur in den Häfen zur Verfügung gestellt wird,“ so Liese.

Bestätigt wurde auch der Kompromiss zur Einbeziehung des Straßenverkehrs und der Wärme in den Emissionshandel. Entgegen des Vorschlags der Europäischen Kommission und der ursprünglichen Überlegungen des Berichterstatters Liese, werden zunächst nur der kommerzielle Verkehr und kommerzielle Gebäude einbezogen. Erst 2029 und auch erst nach einem erneuten Mitentscheidungsverfahren, wird privater Straßenverkehr und private Wärme einbezogen. „Dieser Kompromiss, den ich schon im Ausschuss eingehen musste, ist für mich sehr schmerzhaft, aber die entsprechende Einigung ist besser, als die von Sozialdemokraten, Grünen und Rechten zunächst beantragte vollständige Streichung des neuen ETS für Wärme und Straßenverkehr. Hier bin ich sehr gespannt auf die Position des Ministerrates. Bisher höre ich, dass es im Rat eher eine Mehrheit für eine Position gibt, die näher am Kommissionsvorschlag liegt. Ich habe Verständnis für die Position der Mitgliedstaaten, weil eine Trennung zwischen kommerziell und privat für die Mitgliedstaaten große Herausforderungen mit sich bringt. An vielen Stellen ist der Kompromiss aber nach meiner festen Überzeugung besser als die sich abzeichnende Position des Rates und die Position der Kommission. Wir schlagen vor, Prozessemissionen aus der Industrie, also zum Beispiel die Emissionen von Gießereien und kunststoffverarbeitenden Betrieben, einzubeziehen. Dies sorgt für Wettbewerbsgleichheit in der Europäischen Union und ist besonders für Deutschland wichtig, weil die entsprechenden Unternehmen jetzt schon im nationalen Emissionshandel einbezogen sind. Außerdem schlagen wir eine Preisobergrenze vor und es ist dringend notwendig, dass wir den Ölkonzernen stärker auf die Finger schauen. Die Entwicklungen der letzten Wochen haben gezeigt, dass reduzierte Kosten nicht unbedingt an die Verbraucher weitergegeben werden, erhöhte Kosten aber genutzt werden, um Aufschläge zu machen. Wir fordern eine Beteiligung der Öl- und Gaskonzerne an den Kosten des ETS 2. Ganz wichtig: das Parlament will den Klimasozialfonds von 2025 auf 2024 vorziehen. Wir müssen unbedingt einkommensschwachen Familien helfen, um mit den Herausforderungen fertig zu werden. Nach meiner persönlichen Einschätzung brauchen wir dazu aber wahrscheinlich einen größeren Anwendungsbereich, als vom Parlament vorgeschlagen, also auch die Einbeziehung privater Verbraucher. Es ist schon merkwürdig, dass wir Christdemokraten hier für eine Belastung von einkommensstarken Gruppen kämpfen und Sozialdemokraten und Grüne dies nicht unterstützt haben. Leute, die große Häuser besitzen, große Schiffe und dicke Autos fahren dürfen auf Dauer nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Nur dann gibt es auch genug Geld, um Bedürftige wirklich zu unterstützen,“ so Liese.

Zu der Entwicklung der letzten 14 Tage erklärte Liese: „Ich glaube, das ganze Theater am 08 Juni, als der Bericht abgelehnt wurde, war unnötig. Sozialdemokraten und Grüne behaupten, dass wir jetzt dem 1,5 Grad Ziel nähergekommen sind, als wir es vor zwei Wochen waren. In der Tat wurde das Ambitionsniveau erhöht, aber nur um 6 Mio. Tonnen. Das entspricht 0,01 % der weltweiten Treibhausgasemissionen. Es ist also offensichtlich nicht eine revolutionäre Änderung beim Ambitionsniveau, die die Sozialdemokraten und Grünen jetzt zur Zustimmung motiviert hat, sondern die Einsicht, dass es unverantwortlich ist, gemeinsam mit den Rechten gegen das wichtigste Klimaschutzgesetz aller Zeiten zu stimmen. Sei es drum. Egal wo die Motivation lag, ich bin froh über diese breite Zustimmung und hoffe, dass wir die wesentlichen Punkte in den Verhandlungen mit dem Ministerrat umsetzen können. Falls der Rat wie geplant am kommenden Dienstag, 28. Juni seine Position annimmt, werden wir unmittelbar nach Beginn der tschechischen Ratspräsidentschaft mit den Verhandlungen im Trilog beginnen,“ erklärte Liese.

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