Alle Möglichkeiten nutzen, um russisches Gas zu ersetzen / Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken und Energiesparen sind Gebot der Stunde / Zu viel Zeit wurde schon verplempert / Klimaziele nicht aufgeben

„Die Europäische Kommission hat am Mittwochmittag ihren Gas-Notfallplan für die nächsten Monate vorgestellt. Damit reagiert sie auf die möglicherweise bevorstehende drastische Verknappung des Gases in der Europäischen Union durch die möglicherweise längerfristige Einstellung der Lieferung Russlands durch die Nord Stream I Pipeline. Im Wesentlichen sieht der Vorschlag eine Dringlichkeitsverordnung auf der Basis des Europäischen Notfall-Artikels 122 vor. In einer ersten Stufe sollen die Mitgliedstaaten aufgefordert werden freiwillig Gas einzusparen. Falls dies nicht reicht, könnte die Europäische Kommission ohne weitere Änderung der Rechtsgrundlage Sparmaßnahmen erzwingen.

Der Vorschlag soll schon am kommenden Dienstag bei einem Europäischen Sonder-Ministerrat besprochen werden. Die Kommission geht davon aus, falls ein normaler Winter bevorsteht etwa 30 Milliarden Kubikmeter Gas eingespart werden müssen, falls ein sehr harter Winter kommt 45 Milliarden Kubikmeter Gas. Dies entspricht 10-15% des Verbrauchs der Europäischen Union an Gas. Als eine von vielen Möglichkeiten nennt die Europäischen Kommission auch die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in den Ländern, in denen das Abschalten entsprechender Anlagen vorgesehen ist.

„Ich begrüße insbesondere diesen letzten Punkt. Meine Kollegen aus den anderen europäischen Ländern haben keinerlei Verständnis dafür, dass wir inmitten einer möglicherweise dramatischen Situation und was die Energieversorgung angeht, möglicherweise härtesten Winter seit 70 Jahren Kraftwerkskapazitäten abstellen. Die Bundesregierung muss hier aus dem Schützengraben heraus, genauso müssen aber auch alle in meiner Partei und in der FDP, die bestimmte Maßnahmen zum Energiesparen bisher abgelehnt haben, ihre Position ändern. Weder ein Tempolimit noch Aufrufe zum kürzeren Duschen und Absenkung der Heiztemperatur dürfen tabu sein. Es ist viel Zeit verplempert worden. Viel zu viel Geld aus der EU ist schon in Putins Kriegskasse geflossen und die jetzt diskutierten Maßnahmen hätten meines Erachtens schon im Februar und März angegangen werden müssen“, so Liese.

Der Umweltpolitiker betonte, dass Energiesparen und ein Hinauszögern des Atomausstiegs auch gut für das Klima sind. „Langfristig sind erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Lösung, aber im Moment müssen wir Kompromisse machen und wenn es nicht anders geht, müssen auch Kohlekraftwerke zusätzlich laufen. Die Hitze der vergangenen Tage zeigt aber, dass der Klimawandel nicht mehr nur mit dem Thema Eisbären und kleine Inseln zu tun hat, sondern ganz konkret Schäden in Mitteleuropa verursacht. Deswegen dürfen die Klimaziele nicht zugunsten der Versorgungssicherheit aufgegeben werden. Kurzfristig müssen Kompromisse gemacht werden, aber langfristig müssen wir in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiesparen investieren, um Versorgungssicherheit und Klimaschutz zu gewährleisten“, insistiert Liese.