In dieser Form auf keinen Fall zustimmungsfähig/ Kommission muss Vorschlag zurückziehen und grundsätzlich überarbeiten


Am 22. Juni 2022 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln vorgestellt. Der Vorschlag stößt auch in unserer Region auf große Bedenken. Insbesondere im Kreis Soest gibt es heftigen Widerstand. Der Vorschlag enthält unter anderem ein Verbot aller Pflanzenschutzmittel in sensiblen Gebieten. Neben städtischen Grünflächen, einschließlich Spielplätzen, Schulen, Freizeit- und Sportplätzen und öffentlichen Wegen, zählen dazu auch Landschaftsschutzgebiete und Natura 2000-Gebiete. Insbesondere das Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Landschaftsschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sorgt sowohl bei Landwirten als auch bei Naturschützern für Aufregung. Im Kreis Soest befindet sich eines der größten Natura 2000-Gebiete Deutschlands, das Vogelschutzgebiet Hellwegbörde, welches seit vielen Jahren im Rahmen des Vertragsnaturschutzes landwirtschaftlich genutzt wird. Das Vogelschutzgebiet umfasst auch die Stadt Salzkotten. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Natura-2000-Gebieten würde hier über 90 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen betreffen.

Bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Norbert Lins (CDU), appelliert Peter Liese an die Europäische Kommission, den Vorschlag zurückzuziehen und grundsätzlich zu überarbeiten: „Als Umweltpolitiker und Arzt bin ich dafür, dass sparsam mit Pflanzenschutzmitteln umgegangen wird und auf diese so weit wie möglich verzichtet wird. Aber der Vorschlag der Europäischen Kommission kommt zur falschen Zeit und er weist erhebliche Mängel auf. In dieser Form werde ich ihn auf keinen Fall unterstützen. Insbesondere das totale Verbot von Pflanzenschutzmittel-Einsatz in sogenannten sensiblen Gebieten ist aus meiner Sicht nicht zu verantworten. Es kommt immer darauf an, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in diesen sensiblen Gebieten dem Schutzzweck schadet. Das ist in vielen Bereichen einfach nicht der Fall. Deswegen ist der Eingriff unverhältnismäßig.“



Für Norbert Lins (CDU) blendet der Kommissionsvorschlag die negativen Konsequenzen für Landwirtschaft, Verbraucher und Ernährungssicherheit vollkommen aus. Zudem seien die Auflagen für Anwenderinnen und Anwender absolut realitätsfremd: „Von dem vorgesehenen Pflanzenschutzverbot auf ‚empfindlichen Gebieten‘, wären beispielsweise über ein Viertel der deutschen Agrarfläche betroffen und würde somit für viele Betriebe faktisch ein Berufsverbot bedeuten. Hinzu kommt, dass, während der Einsatz vom Pflanzenschutz EU-weit um die Hälfte reduziert werden soll, Deutschland trotz der Bemühungen der vergangenen Jahre ein nationales Ziel von über 50% erreichen muss. Aus diesem Grund fordere ich die Kommission auf, ihren Vorschlag noch einmal zu überarbeiten.“

Sogar Naturschutzverbände richten sich gegen den Vorschlag in der jetzigen Form. So weist zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest exemplarisch den Konflikt im Vogelschutzgebiet Hellwegbörde hin. Der Schutzzweck dieses Gebietes ist der Schutz von Bodenbrütern wie der Wiesenweihe. Durch Verzicht auf Pflanzenschutz und verstärkten Einsatz von Instrumenten zur Bodenbearbeitung könnten genau diese Bodenbrüter gefährdet werden. „Wir plädieren für einen geringeren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und dort, wo dies möglich ist, für einen Verzicht. In grünlandgeprägten NATURA 2000-Gebieten mit nur wenigen Ackerflächen unterstützt dort ein Verbot sicherlich das Erreichen der Naturschutzziele. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln im fast 50.000 Hektar großen, ackerbaulich genutzten Vogelschutzgebiet „Hellwegbörde“ allerdings wäre ein erheblicher Einschnitt in die bisher bewährte Strategie des Vertragsnaturschutzes. Bauern und Naturschützer arbeiten hier seit Jahren kooperativ und erfolgreich zusammen. Das heißt zum Beispiel, dass sich viele Landwirte an freiwilligen Maßnahmen des Naturschutzes beteiligen. Wo diese Maßnahmen einen hinreichenden Flächenanteil erreichen, stellen wir sehr positive Entwicklungen der Vogelbestände fest. Ein Verbot von Pflanzenschutzmitteln würde in diesem NATURA 2000-Gebiet die Vertrauensbasis zwischen Landwirten und Naturschützern aufs Spiel setzen und das Ende des Vertragsnaturschutzes vor Ort bedeuten.“, betont Joachim Drüke, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest, Trägerverein der Biologischen Station Soest.

Dies war auch der eindeutige Tenor bei einem gemeinsamen Besuch des Versuchsguts Merklingsen mit CDU-Landtagsabgeordneten Heinrich Frieling und der NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen, wo die die Auswirkungen des Entwurfs der EU-Verordnung im Kreis Soest diskutiert wurden.