Peter Liese: Einigung in Reichweite/ beide Seiten bewegen sich deutlich

Endgültige Einigung steht noch aus, weil Gesetzestext noch nicht vorliegt und unklar ist, ob informell eruierte Kompromisslinie eine Mehrheit im Rat und Parlament hat/ mindestens eine weitere Woche intensiver Debatte

 

"Eine endgültige Einigung über die Einbeziehung des Seeverkehrs in das ETS ist in Reichweite, wenn alle Seiten jetzt guten Willen zeigen", sagte der EP-Berichterstatter zu diesem Thema, Peter Liese, nach einem Trilog, der sich vor allem mit der Einbeziehung dieses wichtigen Sektors in den Emissionshandel beschäftigt hat. "Die Klimawirkung der Einbeziehung dieses Sektors allein wäre wesentlich größer als andere Teile des Fit-for-55-Pakets, zum Beispiel CO2 PKW. Durch den Vorschlag der jetzt in Reichweite ist, erreichen wir bis 2030 etwa doppelt so viel CO2 Emissionsreduktion wie durch CO2 PKW.

Darüber hinaus würde eine Umstellung auf sauberere Kraftstoffe nicht nur dem Klima helfen, sondern auch die Luftverschmutzung vor allem in Städten, an Flüssen und an der Küste verringern." Der größte Durchbruch ist laut Liese, dass sich der Rat auf einen breiteren Anwendungsbereich bei Treibhausgasen geeinigt hat: "Wir fordern seit 15 Jahren, dass im Luftverkehr nicht nur CO2 sondern auch andere Klimaeffekte berücksichtigt werden. Das haben wir seit 15 Jahren im Luftverkehr nicht bekommen. Beim Seeverkehr ist jetzt eine Einigung in Reichweite. Neben CO2 sollen auch andere Gase wie Methan aufgenommen werden und zwar zunächst in die Berichtspflichten (MRV) und dann zeitnah in das ETS. Dies ist besonders wichtig, weil die Alternativen zu dem Schweröl, das bisher von Schiffen verwendet wird, zu einem großen Teil aus Methan und Ammoniak bestehen, die bei unsachgemäßem Umgang Treibhausgaseffekte verursachen können."

Der Teufel steckt jedoch im Detail und wir haben noch einige Herausforderungen zu bewältigen. In der Sitzung deuteten beide Seiten eine erhebliche Flexibilität in den wichtigsten Punkten an. Das Mandat des Rates könnte bedeuten, dass die vollständige Einbeziehung der Emissionen erst 2029 erfolgt (je nach Inkrafttreten der Richtlinie). Das Parlament fordert eine vollständige Einbeziehung schon in 2024. Auf Grundlage  eines Kompromissvorschlages der Kommission wurde eine mögliche Einigung für eine schrittweise Einführung sondiert. Das Parlament besteht auf eine gezielte Verwendung der Einnahmen, sodass diese nicht vor allem in den allgemeinen Haushalt gehen. Dies war für den Rat und die Kommission bisher in allen Diskussionen ein No-Go, und nicht nur was den Seeverkehr betrifft, sondern auch andere Teile des Dossiers. Aber es gibt eine mögliche Lösung, so dass die maritime Industrie nicht nur innerhalb des Innovationsfonds spezielle Aufrufe bekommt, an der nur der maritime Sektor teilnehmen kann, sondern dass auch eine bestimmte Anzahl von Zertifikaten im Innovationsfonds für Investitionen in diesem Bereich reserviert werden. Darüber hinaus sollte die biologische Vielfalt eine größere Rolle bei den Projekten im Innovationsfonds und bei den nationalen Einnahmen spielen.

"Es gibt noch keine Einigung, denn es ist nicht klar, ob das, was informell zwischen der Kommission, der Präsidentschaft und dem ENVI-Vorsitzenden Pascal Canfin und mir besprochen wurde, im Rat und im Parlament auch eine Mehrheit findet. Aber ich bin mir sicher, dass wir mit ein bisschen guten Willen in der nächsten Woche eine Einigung erzielen können und damit ein großer Teil dieses riesigen Gesetzeskomplexes gelöst ist, bevor wir in die Endphase eintreten. Falls das nicht passiert habe ich Zweifel, dass wir bis Ende des Jahres unter tschechischer Präsidentschaft fertig werden. Nach dem unbefriedigenden Ergebnis der COP27 in Sharm-el-Sheikh wäre es ein sehr wichtiges Signal, dass Europa seine ehrgeizige Klima-Agenda trotz allem fortsetzt", so Liese.