Christdemokratische Verhandlungsführerin bricht Gespräche ab


Wenn die Basis nicht stimmt, kann man keine guten Kompromisse machen / Landwirte, Waldbesitzer und Wasserwerksbetreiber aus der Region haben Bedenken / Klimaschutz und Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen muss Priorität haben


Der umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Dr. Peter Liese, unterstützt vorbehaltlos die Entscheidung seiner Fraktion, die Verhandlungen zum sogenannten Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Natur Restoration Law) abzubrechen. Nach monatelangen Verhandlungen hatte die Verhandlungsführerin Christine Schneider nach Rücksprache mit Fraktionsvorsitzenden Manfred Weber, Liese und vielen anderen Beteiligten diesen Schritt gestern vollzogen. Das Gesetz bedeutet für Landwirte, Waldbesitzer und Kommunen im ländlichen Raum zusätzliche Naturschutzauflagen zu den schon bestehenden Auflagen aus der FFH- und Vogelschutzrichtlinie. Es sieht unter anderem vor, dass 20 Prozent der Flächen in Europa, die nach Bewertung der Europäischen Kommission in einem schlechten Zustand sind, bis 2030 wieder in den Zustand von vor 70 Jahren zurückversetzt werden sollen. Bis 2040 sollen es 60% sein und bis 2050 90%. Außerdem sollen 25.000 Flusskilometern von Querbauwerken befreit werden. Auch Vertreter der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Betreiber von Wasserkraftwerken aus Westfalen haben sich kritisch zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission geäußert. Liese nannte vor allem drei Gründe für die Ablehnung des Kommissionsvorschlags.

„Erstens, der Vorschlag der Europäischen Kommission ist handwerklich sehr schlecht gemacht. Vielen Fragen können auch nach monatelangen Diskussionen nicht eindeutig beantwortet werden. Auf einem schwachen Fundament kann man kein gutes Haus bauen. Auf einer so schlechten Basis können wir auch keine soliden Kompromisse schließen.

Zweitens, die Landwirte müssen sich gerade mit der Umsetzung der Agrarreform auseinandersetzen. Vieles läuft noch nicht rund, so bekommen zum Beispiel die Landwirte, die Grünland bewirtschaften, weniger Geld als vor der Reform, obwohl Grünland sowohl für den Klimaschutz als auch für die Artenvielfalt besser ist als Ackerland. Wir müssen dieses Problem erst mal lösen, bevor wir überhaupt über neue Auflagen diskutieren können.
Drittens, das Gesetz steht in vielen Teilen dem Ausbau der erneuerbaren Energien und damit dem Klimaschutz und der Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen im Weg. Zwar gibt es gewisse Ausnahmeregeln für Windkraft und Fotovoltaik, aber es stellt sich die Frage, auf welchen Flächen dann überhaupt noch Nahrungsmittel produziert werden können. Dies ist vor allem relevant in einer Zeit, wo Nahrungsmittelpreise Treiber der Inflation sind und viele Menschen, etwa in Nordafrika, durch die Verschärfung der Nahrungsmittelkrise Hunger leiden. Auch gibt es keine Ausnahmeregelung für andere erneuerbaren Energien und Netze. Die Vorgabe, 25.000 Flusskilometer zu renaturieren, führt nach Ansicht der Verantwortlichen sogar dazu, dass bestehende Wasserkraftwerke abgebaut werden müssen (https://www.wasserkraft-bayern.de/pdf/news/20230530095014-20230525bdw-positionspapier_eu-nature-restoration-law_vfinal.pdf)“, so Liese.

So hat sich beispielsweise Carsten Linneborn, der Betreiber eines Wasserkraftwerks an der Ruhr, an Peter Liese sowie den CDU-Bundesvorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz und den Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Matthias Kerkhoff, gewandt und vor den Auswirkungen des Gesetzes gewarnt.

„Es ist leider nicht war, dass Klimaschutz und Biodiversität immer einfach unter einen Hut zu bringen sind. Manchmal muss man sich entscheiden und in Konfliktfällen bin ich davon überzeugt, dass wir uns für den Klimaschutz und für die Reduktion von fossilen Brennstoffen entscheiden müssen, d. h. eben auch für erneuerbare Energien und gegen andere vielleicht wünschenswerte, aber eben nicht so dringliche Ziele“, erklärte der Umweltpolitiker.