EU-Gesundheitsminister müssen Medikamentenmangel vor allem bei Kindern schnell anpacken / Bevorratung kritischer Arzneimittel und andere Kriterien bei Ausschreibungen wichtige Elemente einer Lösung


„Der Medikamentenmangel insbesondere bei Kindern ist ein Riesenskandal und muss auf allen politischen Ebenen energisch bekämpft werden. Die Gesundheitsminister der Europäischen Union, die sich diese Woche in Stockholm treffen, müssen konkrete Lösungsvorschläge aufnehmen“, dies erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Dr. med. Peter Liese, CDU, angesichts der Warnungen von Kinderärzten.

„Die Kollegen haben vollkommen recht. In reichen Ländern wie Deutschland, Österreich und Frankreich dürfen Zustände, wie wir sie im letzten Winter erlebt haben, nicht passieren“, so Liese, der selbst als Arzt in einer Kinderklinik gearbeitet hat und aufgrund einer Überlastung Anfang des Jahres noch mal in dieser Klinik (Kinderklinik Paderborn) ausgeholfen hatte.

„Ich habe selbst erlebt, wie Kinder auf einer ohnehin überlasteten Station liegen mussten, nur weil Antibiotikasaft nicht vorhanden war und sie deshalb für Infusionen mehrere Tage in der Klinik bleiben mussten. Das hat mir noch mal gezeigt, wie dringlich das Problem ist. Meine Fraktion kämpft seit Jahren gegen erhebliche Widerstände für konkrete Lösungen. Am vergangenen Mittwoch hat die Europäische Kommission endlich einen Vorschlag vorgelegt. Dieser sieht unter anderem vor, dass eine konkrete Liste mit kritischen Arzneimitteln erarbeitet wird und diese Arzneimittel auch bevorratet werden. Der Vorschlag muss so schnell wie möglich umgesetzt werden. Darüber hinaus sehe ich eine große Verantwortung bei den Mitgliedstaaten, die sich aber stärker europäisch abstimmen müssen. Bei den Ausschreibungen hat viele Jahre nur der Preis als ausschlaggebendes Kriterium gegolten. Das hat dazu geführt, dass die Hersteller sich zunehmend auf einzelne Produzenten in China und Indien verlassen. Wenn wir wollen, dass Produktion nach Europa zurückverlagert wird, müssen wir Verfügbarkeit und Produktion in Europa bei den Ausschreibungen berücksichtigen. Die Vorschläge von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach greifen hier meiner Überzeugung nach kurz. Vor allem beziehen sie sich nur auf die Ausschreibungen in Deutschland. Die Marktmacht von Deutschland alleine reicht aber nicht aus, wir brauchen ein europäisch abgestimmtes Vorgehen. Leider pochen die Mitgliedstaaten trotz der Erfahrungen der Corona-Pandemie immer noch sehr auf ihre nationalen Zuständigkeiten und der EU Vertrag gibt zwar der Europäischen Kommission und den anderen europäischen Institutionen viele Möglichkeiten, einiges ist aber nach wie vor schwierig. Nichts spricht aber dagegen, dass die Mitgliedstaaten gemeinsam handeln, dazu braucht es keine Vertragsänderung“, so der Arzt und Europaabgeordnete.