Breites Einvernehmen über Einbeziehung des Seeverkehrs, mehr Ehrgeiz und viele andere Punkte, aber erhebliche Differenzen im Detail / Beide Seiten müssen sich bewegen

Das Europäische Parlament, der Ministerrat und die Europäische Kommission haben am Montagmittag den Trilog zur Reform des europäischen Emissionshandelssystems eröffnet. "Wir wollten ein starkes Zeichen setzen, dass wir keine Zeit verlieren. Es gab noch keine konkreten Ergebnisse, aber der Trilog war notwendig, um so schnell wie möglich auf technischer Ebene die Verhandlungen zu beginnen und die wichtigen politischen Entscheidungen, die dann in einigen Monaten getroffen werden müssen, vorzubereiten. Ziel ist es, auf jeden Fall vor dem Ende der tschechischen Ratspräsidentschaft eine Einigung zu erzielen. Um den Klimawandel einzudämmen und international ein Zeichen zu setzen, müssen wir schnell handeln. Darüber hinaus brauchen alle Beteiligten, einschließlich der Industrie, brauchen so bald wie möglich Planungssicherheit. Gut ist, dass sich alle drei Institutionen bei den Grundentscheidungen einig sind. Nach vielen Jahren der Diskussion ist klar, dass der Seeverkehr in das ETS einbezogen wird, und zwar nicht nur für innereuropäische Routen, sondern auch für Routen zwischen EU und Drittländern. Es ist sehr wichtig, dass Schiffe, die bisher oft den letzten Dreck verbrennen, sauberer werden. Mit der Einbeziehung in das Emissionshandelssystem besteht die Chance, dass der Seeverkehr wirklich das sauberste und effizienteste Verkehrsmittel wird. Es besteht auch Einigkeit darüber, dass wir ehrgeizigere Ziele brauchen, um das Emissionshandelssystem an das Klimaziel anzupassen. Derzeit erreichen wir mit der europäischen Gesetzgebung nur  ein Ziel von 40% im Jahr 2030 wir müssen es aber auf 55 % steigern. Rat und Parlament sind sich auch einig, dass wir den Kommissionsvorschlag, was den Schutz von Arbeitsplätzen einig, z.B. in der Stahlindustrie angeht, verbessern müssen. Die Benchmarks sollten nicht wie von der Kommission vorgeschlagen so verschärft werden, dass eine Anpassung in kürzester Frist kaum möglich ist,“ so Peter Liese, der Berichterstatter des Europäischen Parlaments und umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten).


"Andererseits gibt es aber auch noch große Unterschiede in wesentlichen Punkten und deswegen sind intensive Verhandlungen notwendig. So schlägt der Rat beispielsweise vor, den Seeverkehr erst 2027 zu 100% in den Emissionshandel einzubeziehen, während das Parlament das bereits für 2024 vorsieht. Während der Rat allen Unternehmen, bei denen die Gefahr einer Verlagerung von CO2-Emissionen ins Ausland besteht, weiterhin großzügig kostenlose Zertifikate zugestehen will, fordert das Parlament zusätzliche Anforderungen, z. B. Pläne zur Dekarbonisierung und die Anwendung eines Energiemanagement-/Auditsystems. Nur bei Einhaltung dieser Bedingungen sollen kostenlose Zertifikate weiterhin im vollen Umfang zugeteilt werden. Andererseits will das Parlament aber die Unternehmen, die besonders schonend arbeiten, stärker belohnen als der Rat (Bonus-Malus-System). Der größte Unterschied zwischen Parlament und Rat besteht beim neuen ETS II für Wärme und Straßenverkehr. Im Gegensatz zur Kommission und Rat möchte das Parlament alle gewerblichen Emissionen also auch Prozesswärme einbeziehen, z.B. in kunststoffverarbeitenden Betrieben und Gießereien. Das Parlament will auch eine Preisobergrenze einführen und die Öl- und Gasproduzenten zur Deckung eines Teils der Kosten verpflichten. Dagegen sind sich Rat und Kommission im Wesentlichen über den Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags einig. Sie wollen nur Straßenverkehr und das Heizen von Gebäuden einbeziehen, aber von Anfang an auch private Haushalte einbeziehen, was das Parlament erst ab 2029 und auch nur unter bestimmten Bedingungen vorsieht“, so Liese.

„Ich bin überzeugt, dass alle Seiten sich bewegen müssen. Es ist nicht akzeptabel, wenn Mitgliedstaaten oder der Rat argumentieren, sie seien nicht bereit, sich zu bewegen, weil es so schwierig war, eine Einigung im Rat zu finden. Auch die Einigung im Parlament war nicht einfach zu finden. Nur Verhandlungen auf Augenhöhe, bei denen beide Seiten bereit sind, zu geben und zu nehmen, und das Ergebnis mindestens 50 % der Prioritäten der einen oder anderen Seite widerspiegelt bzw. echte Kompromisse hervorbringt, sind wirklich zielführend", so der CDU-Europaabgeordnete.