Mittel aus dem europäischen Emissionshandel müssen in die Region fließen

Am vergangenen Dienstag, den 18. April, hat das Europäische Parlament das größte Klimaschutzgesetz aller Zeiten beschlossen. Der europäische Emissionshandel wird angeschärft und auf den Schriftverkehr erweitert. Außerdem wird ein neues Emissionshandelssystem nach dem deutschen Vorbild für Wärme und Straßenverkehr eingeführt. Peter Liese hat dieses Gesetz federführend für das Europäische Parlament verhandelt. Wichtig war ihm dabei, die Arbeitsplätze in der Region zu sichern und Chancen für die Betriebe in Westfalen zu schaffen. In einer Videokonferenz mit Experten aus der Region wurden am Donnerstag die Auswirkungen diskutiert.

In einer Videobotschaft erklärte Friedrich Merz: „Die Europäische Union begibt sich auf einen marktwirtschaftlichen Kurs zur Lösung des größten Problems, das wir wahrscheinlich in unserer Zeit jenseits von Krieg und Frieden zu lösen haben, nämlich das große Problem des Klimawandels“. Er bedankte sich ausdrücklich bei Peter Liese, dass er sich als Kontrapunkt gegen grüne Überregulierung in Berlin für das marktwirtschaftliche System stark gemacht hat.

Peter Liese betonte, dass die deutschen Unternehmen durch das nationale Brennstoffemissionshandelsgesetz schon einen CO2-Preis zahlen und dieses System nun auf Europa ausgeweitet wird. „Für den Klimaschutz reicht es nicht, wenn wir nur in Deutschland etwas tun. Europa ist schon eher eine Region, die relevante Einsparung erzielen kann und vor allem Vorbild für die Welt sein kann. Für die Mittelständler ist es wichtig, dass in unseren Nachbarländern wie Tschechien, Polen und Frankreich in Zukunft die gleichen Regeln gelten werden."


An der Notwendigkeit des Klimaschutz besteht nach Liese kein Zweifel. Er verwies auf die Flutkatastrophe im Juli 2021 und auf den katastrophalen Zustand unserer Wälder. Auf die Situation in den Wäldern ging auch die Försterin Anna-Maria Hille, Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein ein: „Wir merken durch den Klimawandel die Häufung der Sturmereignisse, die sich im Wald immer wieder durch Windwurf niederschlägt und dadurch wird der Wald anfällig für Borkenkäfer und ganz besonders hat sich das in den Trockenjahren 2018,19 und 20, wo sich drei Jahre lang durch Dürre- und Hitzeperioden diese Borkenkäfermassenvermehrung ausbreiten konnte. 2021 gab es eine ganz kleine Erholung, aber auch das Jahr 2022 war erneut durch Dürre- und Hitzeperioden geprägt. Mit vielen verschiedenen Aufforstungsstrategien versuchen wir den Wald möglichst vielfältig wieder aufzubauen. Der Wald als Rohstofflieferant kann, richtig eingebunden, einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, so die Försterin.

Der Klimawissenschaftler Prof. Paolo Reggiani, Ph.D. von der Uni Siegen sprach davon, dass durch den Klimawandel mit Flutkatastrophen wie im Ahrtal auch in unserer Region zu rechnen ist.
„Diese hydrologischen Extreme nehmen zu. Ereignisse, die wir in der Regel sehr selten beobachtet haben, treten häufiger auf. Wir müssen uns klar sein, dass diese Ereignisse auch in anderen kleinen Einzugsgebieten auftreten können. Ich schließe zum Beispiel nicht aus, dass uns ähnliche Ereignisse auch hier im Siegerland oder Sauerland jederzeit drohen können. Wir sollten uns darauf vorbereiten“, so der Lehrstuhlinhaber für Wasserwirtschaftliche Risikobewertung und Klimafolgenforschung.

Die energieintensive Industrie, zum Beispiel Zement-, Papier- und Stahlindustrie, ist durch den Emissionshandel und die Notwendigkeit zum Klimaschutz besonders herausgefordert. Der Leiter des Zementwerks von Heidelberg Materials in Geseke Herr Dr.-Ing. Steffen Gajewski, wies auf die notwendigen Rahmenbedingungen hin.

„Es gibt sehr viele Möglichkeiten, hier aktiv zu werden, das erfordert jedoch sehr hohe Investitionen. Für mich als Techniker, ich bin von Hause aus Chemieingenieur, stellt sich immer die Frage, wie man einen solchen Prozess gestaltet und eben auch umsetzen kann. Eine der Möglichkeiten, ein Zementwerk CO2-neutral zu betreiben, besteht darin, das entstehende CO2 aufzufangen, zu konzentrieren und dann weiter zu verwenden oder zu speichern. Diese Abgasreinigung wird aber den Energieverbrauch eines sowieso schon sehr energieintensiven Zementwerkes mindestens verdoppeln, eher fast verdreifachen.  Und diese Energie muss natürlich im Sinne der Nachhaltigkeit dann aus regenerativen Energien zur Verfügung gestellt werden. Ich bin froh, dass es jetzt auf europäischer Ebene Ansätze gibt, dies zu fördern. Als Zementhersteller haben wir große Hoffnung, sowohl über Fördermittel bei der Einführung neuer Technologien unterstützt zu werden, aber auch, dass Genehmigungsverfahren zukünftig schneller durchgeführt werden können“, so der Werkleiter. Die Firma Heidelberg Materials setzt bereits weltweit und auch in Deutschland mehrere Projekte um, welche die Machbarkeit eines klimaneutralen Zementwerks belegen sollen. Durch Abscheidung des bei der Zementproduktion entstehenden CO2 und dessen unterirdische Verpressung soll das CO2 nachhaltig aus der Atmosphäre entfernt werden. Da bei der Herstellung auch zunehmend Biomasse als Brennstoff genutzt wird, kann das ganze sogar zu einer positiven Klimabilanz führen.

Geld muss an die Menschen zurückfließen

Für Liese ist wichtig, dass Menschen und Industrie in der Region beim Übergang unterstützt werden. „Als Berichterstatter war es mir besonders wichtig, die Mitgliedstaaten darauf zu verpflichten, das Geld nicht für irgendwelche sachfremden Zwecke auszugeben, sondern für die Entwicklung moderner Technologien wie die klimaneutrale Zementherstellung und für die Unterstützung insbesondere sozialschwacher Menschen, die sich Investitionen wie Wärmepumpen und Elektroautos bisher nicht leisten können. Viele sagen, dass das der wichtigste Erfolg in den Verhandlungen war. Das Geld geht zu 100 % an die Wirtschaft und die Menschen zurück. Wir müssen uns gemeinsam dafür einsetzen, dass sowohl die Gelder, die der Bund einnimmt, als auch die Gelder, die die Europäische Union zur Verfügung stellt, zu einem wichtigen Teil in die Region kommen“, erklärte Liese.