Peter Liese: Weniger Geld für große Agrarbetriebe/ Mehr Unterstützung für bäuerliche Landwirtschaft und Umweltschutz

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament am Freitag seinen Vorschlag für die Gemeinsame Agrarpolitik der nächsten Jahre angenommen. Der Vorschlag weicht deutlich von dem Papier ab, dass der Ministerrat in der Nacht zum Mittwoch beschlossen hat. Insbesondere beim Thema Kappung und beim Thema Umweltschutz setzen die Abgeordneten andere Akzente. „Wir haben beschlossen, dass, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, jeder Mitgliedstaat verbindlich ab 60.000 Euro pro Betrieb die Zahlungen für die Betriebe reduzieren muss und ab 100.000 Euro eine Kappung stattfindet. Von dieser Größenordnung darf man nur abweichen, wenn besondere Bedingungen gelten, wenn z.B. kleinere Betriebe sich zu Großen zusammenschließen und entsprechend viele Arbeitsplätze auf dem Betrieb angesiedelt sind oder, wenn man besonders umweltfreundlich wirtschaftet. Ein einzelner Landbesitzer darf aber, auch wenn er verschiedene Betriebe hat, niemals mehr als 500.000 Euro erhalten. Damit wollen wir vor allen Dingen Auswüchse wie die des tschechischen Ministerpräsidenten Babiš verhindern. Von der Kappung kann man nur abweichen, wenn man mindestens 12% des Geldes an kleinere Betriebe verteilt (Anreicherung der ersten Hektar). Dies würde für die kleineren Betriebe eine noch stärkere Unterstützung bedeuten, als wenn der Günther Oettinger-Vorschlag von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Ich halte diese Beschlüsse für sehr wichtig und bitte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, sich in den anstehenden Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament in dieser Hinsicht kompromissbereit zu zeigen. Große Betriebe brauchen die Unterstützung weniger und es ist ein Wert an sich, wenn der Landwirt auf seinem Hof wohnt und nicht irgendein Investor die Gelder erhält. Durch die dörfliche Struktur und den Dialog mit den Nachbarn, sind bäuerliche Landwirte, die vor Ort arbeiten, auch automatisch stärker an Umwelt- und Tierschutz interessiert“, so Liese.

Peter Liese:
Kompromiss des Europäischen Parlaments ist gut für Umwelt und Landwirtschaft / Deutlich ambitionierter als Ergebnis des Agrarrates / Kritik von Grünen und Umweltverbänden überzogen

„Die Kompromissanträge der drei größten Fraktionen im Europäischen Parlament zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die am Dienstagabend mehrheitlich angenommen wurden, sind gut für Umwelt und Landwirtschaft. Wir unterstützen die Bauern dabei, umweltfreundlicher zu produzieren. Ein großer Teil der Flächenprämie, nämlich 30 Prozent, werden nicht mehr nur an die bisher bestehenden Umwelt- und Tierschutzauflagen gekoppelt, sondern nur dann ausgezahlt, wenn die Landwirte sich bereit erklären, zusätzliche Anstrengungen für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zu leisten. Das heißt übersetzt, Landwirte, die viel für den Umweltschutz tun, bekommen in Zukunft mehr Geld, Landwirte, die über die gesetzlichen und bisher geltenden Auflagen nicht hinaus gehen wollen, müssen sich auf deutliche Kürzungen einstellen.

Das Europäische Parlament liegt mit seinem Ansatz, 30 Prozent für solche Ökoschemes festzuschreiben, deutlich über dem Ansatz des Ministerrates. Das liegt aber nicht an der deutschen Bundesregierung. Julia Klöckner hat sich sehr bemüht, einen guten Kompromiss zu finden, sie musste aber mit Widerstand aus vielen Ländern kämpfen, denen jegliches Umweltambitionsniveau zu hoch war.

Die bisherigen Maßnahmen gegen das Coronavirus haben in diesem Herbst noch nirgendwo ausgereicht/ Überlastung des Gesundheitswesens und hunderte von Toten pro Tag eher wahrscheinlich als ausgeschlossen / Wir werden im Frühjahr wahrscheinlich zig Millionen Deutsche impfen können

In vielen europäischen Ländern ist das Coronavirus außer Kontrolle. In Belgien, den Niederlanden, Tschechien und Spanien sind die Gesundheitssysteme schon überlastet und die Zahlen steigen in praktisch allen EU-Ländern trotz Einschränkungen weiter an. Peter Liese beobachtet das Infektionsgeschehen sehr intensiv: „Natürlich ist es falsch, in Panik zu verfallen. Wir müssen einen klaren Kopf bewahren. Aber ich mach mir große Sorgen und wir müssen handeln. Alle Bürgerinnen und Bürger und auch alle politisch Verantwortlichen müssen jetzt stärker auf die Ratschläge, zum Beispiel des Europäischen Seuchenbekämpfungszentrums (ECDC) und des Robert- Koch-Instituts hören. Und dort ist ganz klar formuliert: Zusammenkünfte von Menschen ohne Maske, Abstand und adäquate Belüftung sind Treiber des Infektionsgeschehens. Wir sollten uns, wann immer möglich, nicht mit mehr als zehn Leuten treffen, jedenfalls dann, wenn Abstand, Maske und Lüftung nicht möglich sind. Und am besten sollten die zehn Leute nicht aus mehr als zwei Haushalten kommen. Das heißt übersetzt, dass wir auch die Gastronomie nicht mehr so wie bisher weiterlaufen lassen können, denn beim Essen und Trinken hat man ja definitionsgemäß keine Maske auf. Auch für Betriebe gilt, dass Zusammenkünfte entweder mit Maske, Abstand und Belüftung stattfinden oder gar nicht.

Volle Intensivbetten in Belgien, Niederlanden, Frankreich, Spanien und Tschechien/ Maßnahmen der Bundesregierung dringend erforderlich/ Vermutlich muss man in ein paar Tagen weitergehen


Der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese hat davor gewarnt, die Gefahr des Coronavirus weiter zu verharmlosen. „Ich bin wirklich wütend über diejenigen, die immer noch behaupten, Corona sei nicht schlimmer als eine Grippe und die die Gefahr einer zweiten Welle herunterspielen. Ich bin schockiert über die dramatische Entwicklung der Zahlen in Deutschland und unseren Nachbarländern. 

Was aber noch viel wichtiger ist: die Kapazitäten zur Behandlung von Coronapatienten sind in vielen unserer Nachbarländer schon am Limit. Belgien, Spanien, Tschechien und Frankreich haben echte Engpässe in der medizinischen Versorgung und es besteht die große Gefahr, dass sowohl Coronapatienten als auch Patienten, die an anderen Erkrankungen leiden, nicht mehr richtig behandelt werden können. Die Niederlande haben sogar schon angefragt, ob sie erneut Patienten nach Deutschland schicken können. Wer jetzt immer noch meint, feiern sei wichtiger, als sich und andere zu schützen und die Maske sei ein unzumutbarer Eingriff, der hat einfach nicht verstanden, was passiert.