Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine der größten politischen und technologischen Aufgaben unserer Generation. Wir sind es unseren Kindern und Enkelkindern schuldig, ihnen eine Welt zu hinterlassen, in der man gut und gerne leben kann. Das ist mir wirklich ein Herzensanliegen. Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich schon jetzt auch bei uns zuhause nicht mehr ignorieren. Wir sehen unsere Wälder wegen Trockenheit und Borkenkäferbefall sterben und müssen Katastrophen wie die Überschwemmung in Altena immer häufiger erleben. Häufig bin ich in Südwestfalen im Austausch mit Betroffenen wie Forstwirten, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern, um zu hören, was sie brauchen und wie wir das in der EU umsetzen können.


Klimaschutz und Wirtschaft in Südwestfalen und Brüssel gemeinsam denken


Südwestfalen gehört mit seinen exportorientierten Unternehmen zu den erfolgreichsten Wirtschaftsregionen in Deutschland. Noch mehr als andere profitieren wir von offenen Grenzen und gemeinsamen Standards im Binnenmarkt. Die Europäische Union hat einige der ehrgeizigsten Klimaziele der Welt: Klimaneutralität bis 2050 und 55% weniger CO2-Ausstoß bis 2030. Das ist natürlich eine riesige Herausforderung für die Unternehmen in unserer Region. Beides ist aber kein Widerspruch, wenn man es richtig macht. Schadstoffe machen an den Grenzen nicht Halt und gemeinsame Regeln in Europa sind besser als nationale Flickenteppiche, für Unternehmen und Arbeitnehmer sowie für Umwelt und Klima. Der ständige Dialog mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern in unserer Region ist mir daher sehr wichtig, um in Brüssel die richtigen Entscheidungen treffen zu können, damit Südwestfalen auch weiterhin profitiert.


EU handelt: Vorreiter beim marktwirtschaftlichen Klimaschutz und Vorbild für die Welt

Kein anderer großer Wirtschaftsblock, weder China noch die USA oder die Golfstaaten macht auch nur ansatzweise so viel beim Klimaschutz wie die EU. Am 11. Dezember 2019 verkündete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Europäischen „Green Deal“ und damit die Strategie der EU für Wirtschaftswachstum und die klimafreundliche Umwandlung der europäischen Industrie. In der Folge hat die EU das erste rechtliche verbindliche Klimaziel der Welt verabschiedet: 55% weniger Treibhausgasemissionen bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050. Das Herzstück der Maßnahmen ist der Europäische Emissionshandel, dessen Überarbeitung ich als Verhandlungsführer für das Parlament mitgestalten durfte. Dabei werden die Emissionen aus der Energieerzeugung, der energieintensiven Industrie (z.B. Stahl und Aluminium), Schiff, Flug- und Straßenverkehr sowie Heizen über marktwirtschaftliche Anreize verringert. Ein tolles Beispiel, wie Umwelt- und Klimaschutz erfolgreich mit Wirtschaftsinteressen einhergeht. Immer mehr Länder der Welt interessieren sich daher für unsere Erfolgsgeschichte. Das ist nicht nur gut fürs Klima, sondern sorgt auch für unsere Region für noch fairere Wettbewerbsbedingungen mit Staaten außerhalb der EU. Ich setze mich daher auch dafür ein, dass große Klimaverschmutzer wie China, die mittlerweile 4,5-mal so viel CO2 ausstoßen wie die gesamte EU, ihren fairen Beitrag zur Reduktion von Treibhausgasen und zur Finanzierung der Klimapolitik in ärmeren Ländern beitragen.

 

Kosteneffiziente Emissionsminderungen und Antrieb für CO2-arme Innovationen


Das europäische Emissionshandelssystem ist das Herzstück der europäischen Klimapolitik. Es wurde 2005 eingerichtet, um die Reduzierung der Treibhausgasemissionen kostenwirksam und wirtschaftlich effizient zu fördern. Es beschränkt die Menge an Treibhausgasen, die von energieintensiven Industrien, Energieproduzenten und Luftfahrtunternehmen verursacht werden. Die EU legt die Höchstanzahl an diesbezüglichen Emissionszertifikaten fest, und die Unternehmen erhalten oder erwerben die jeweiligen Zertifikate. Wer emissionsarm wirtschaftet, muss weniger Zertifikate kaufen, wer mehr ausstößt, muss dafür tiefer in die Tasche greifen. Die Obergrenze wird im Laufe der Zeit herabgesetzt, sodass die Menge der Emissionen schrittweise abnimmt. Als 2021 das EU-Klimaziel für 2030 auf 55% erhöht wurde, musste auch das Emissionshandelssystem reformiert werden, um diese Obergrenze entsprechend anzupassen. Als Verhandlungsführer in den Verhandlungen im Europäischen Parlament und später mit den EU-Staaten konnte ich dem System meinen Stempel aufdrücken und die Interessen der energieintensiven Industrie in Südwestfalen, wie die Stahl-, Papier-, Kalk- oder Zementindustrie berücksichtigen. Statt einer krassen Sofort-Reduktion der verfügbaren Zertifikate konnte ich mit meiner Fraktion die Reduzierung abmindern und den Unternehmen so zeitlich Raum für die notwendigen Investitionen in klimafreundlichere Techniken geben. Insbesondere unsere hochmodernen heimischen Unternehmen, die bereits seit langem umweltfreundlich produzieren oder investiert haben, werden dadurch profitieren. Den EU Innovationsfonds für klimainnovative Industrieprojekte konnte ich von 450 Millionen auf 575 Millionen Zertifikate erhöhen. Viele neue Sektoren sind jetzt ebenfalls Teil des EU Emissionshandels. Endlich gilt der CO2-Preis auch für den Schiffsverkehr, was wir im Parlament schon lange gefordert hatten. Worauf ich besonders stolz bin? Gegen größten Widerstand der Grünen, Linken und Sozialdemokraten ist es mir gelungen, einen neuen Emissionshandel für Straßenverkehr und Wärme nach deutschem Vorbild auch auf EU-Ebene zu etablieren. Damit haben wir den Klimaschutz nicht nur entscheidend gestärkt, sondern auch gleiche Bedingungen zwischen Deutschland und anderen EU-Staaten geschaffen. Kleine und mittelständische Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe zwar nicht unter den EU ETS fallen, zahlen in Deutschland über den Brennstoffemissionshandel einen CO2-Preis, ihre Konkurrenten in anderen EU-Ländern aber nicht. Heimische Unternehmen und Gartenbaubetriebe hatten sich daher an mich gewandt und ich freue mich, dass ich ihre Anliegen gewinnbringend einbringen konnte. Gleichzeitig haben wir viele soziale Mechanismen eingeführt, um die finanziellen Folgen für einkommensschwache Haushalte so gut wie möglich abzufedern.

 

Kluge Umwelt- und Klimapolitik nutzt Wirtschaft und Innovation


Unsere Region ist durch das Ziel der Klimaneutralität besonders herausgefordert. Wir haben nicht nur in der Zementindustrie, sondern etwa auch in der Papier- oder Stahlindustrie große Herausforderungen. Wir müssen in den nächsten Jahren massiv in Technologien investieren, die uns ermöglichen, im Moment noch sehr CO2-intensive Produkte wie Stahl und Zement in Zukunft CO2-arm oder CO2-frei zu produzieren. Die EU stellt hierfür viele Millionen Euro an Forschungsgeldern zur Verfügung. Unsere Region Südwestfalen ist hierbei aber gleichzeitig strahlendes Vorbild, wenn es darum geht, Umwelt und Klima zu schützen und gleichzeitig und auch gerade deswegen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die Firma SMS aus Hilchenbach baut zum Beispiel das erste klimaneutrale Stahlwerk in Schweden und ist der Technologieführer beim Umbau des größten Stahlwerks Europas ThyssenKrupp hin zur Klimaneutralität. Kürzlich habe ich außerdem im Parlament für die Firma Eaton in Soest einen entsprechenden Beschluss für eine klimafreundliche Lösung im Bereich elektrischer Schaltanlagen herbeiführen können. Eaton ist genauso wie andere deutsche Firmen, z.B. Siemens, in diesem Bereich führend. Damit haben wir nicht nur Arbeitsplätze in Südwestfalen gesichert, sondern auch europäische Vorreitertechnologien gegenüber Wettbewerb aus dem Ausland gestärkt. Für Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität müssen wir auch dringend Bürokratie abbauen.

 

 

Mehr Engagement bei technologischen Lösungen wie der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre


Der UN-Weltklimarat (IPCC) hat festgestellt, dass die Erderwärmung nur noch mit technologischen Mitteln in Grenzen gehalten werden kann. Einige CO2-Emissionen, zum Beispiel aus der südwestfälischen Zementindustrie, lassen sich nicht vermeiden. Ich setze mich dafür ein, dass in der EU ein Rahmen geschaffen wird, um solche innovativen Technologien zur CO2-Speicherung und -Nutzung wie CCU, CCS, DAC oder BECCS zu fördern und zu belohnen. Als Berichterstatter für den Emissionshandel konnte ich nicht nur erreichen, dass Unternehmen für CCU und CCS keine Zertifikate kaufen müssen, sondern auch den Innovationsfonds vergrößern. Die Firma HeidelbergMaterials erhält jetzt einen dreistelligen Millionenbetrag von der Europäischen Union aus genau diesem Fonds, um ihr Zementwerk in Geseke so umzubauen, dass es in Zukunft keine klimaschädlichen CO2-Emissionen mehr verursacht, sondern im Gegenteil mehr Emissionen aus der Atmosphäre entnimmt, als es ausstößt. Vertreter der Zementindustrie haben mir noch vor wenigen Jahren gesagt, dass Klimaneutralität bis 2050 völlig illusorisch sei. Jetzt plant eines der führenden Unternehmen, sein Werk in Südwestfalen schon in 2029 klimaneutral umzustellen.



Unternehmen aus unserer Region bieten wichtige Batterien-Technologie für die Energiewende


Batterien sind unverzichtbar für die Energiewende, z.B. für E-Autos und deren Ladeinfrastruktur. Bei ihrer Herstellung, ihrem Gebrauch und ihrer Entsorgung stellt die EU sicher, dass Batterien einen immer geringeren Co2-Fußabdruck haben, nur minimale schädliche Stoffe verwenden, weniger Rohstoffe aus Nicht-EU-Ländern benötigen und in hohem Maße in Europa gesammelt, wiederverwendet und recycelt werden. In diesem Jahr haben wir in der EU neue Regeln beschlossen. Bei der Erarbeitung habe ich intensiv mit den heimischen Unternehmen zusammengearbeitet, zum Beispiel mit der Firma Hoppecke in Brilon und der Firma Primobius aus Hilchenbach, die die Schlüsseltechnologie direkt aus Südwestfalen in die Welt liefern. Besonders stolz bin ich darauf, dass die Gesetzgebung sowohl von der Industrie als auch von den Umweltverbänden stark unterstützt wird. Von daher ist dieser Text ein gelungenes Beispiel für kluge Umweltpolitik, bei der alle mitgenommen werden.

 

Die Chemie muss stimmen: Kein sturer Umweltschutz, sondern Realitäten berücksichtigen


Die EU macht umfangreiche Vorschriften, um Arbeitnehmer und Konsumenten zu schützen. Vor einigen Jahren hat im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis z.B. der sogenannte PFT-Skandal für große Aufregung gesorgt. Durch eine missbräuchliche Ausbringung von schädlichem Material auf einem Acker in Brilon-Scharfenberg waren Ruhr und Möhne stark mit dieser Chemikalie belastet. In Arnsberg wurde Eltern empfohlen, das Trinkwasser nicht mehr an Kinder zu verabreichen, sondern abgepacktes Wasser zu verwenden. Pauschale Verbote gehen aber zu weit. Anfang 2023 hat die deutsche Umweltministerin (Bündnis 90/Grüne) einen Vorschlag zum EU-weiten Verbot von über 10.000 PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) bei der Europäischen Chemikalienagentur ECHA eingereicht. Als Arzt und Umweltpolitiker weiß ich, dass einige PFAS gesundheitsgefährdend sind. Das gilt aber keinesfalls für alle Untersubstanzen und alle Anwendungen gleichermaßen. Es ist sicher sinnvoll, Anwendungen zu verbieten, für die es erprobte Ersatzstoffe gibt. Das gilt für alle gefährlichen Chemikalien. Für die Umsetzung des Green Deals, z.B. durch den Bau von Chips, Batterien oder Windrädern, und in vielen wichtigen Bereichen der Medizin, etwa bei Medizinprodukten und auch bei der Herstellung von mRNA-Impfstoffen, ist PFAS unverzichtbar. Deshalb setze ich mich für eine schnelle Klärung ein, dass diese Anwendungen keinesfalls von einem Verbot betroffen sind. Dasselbe gilt für Chromtrioxid. Diese Chemikalie wird in Dutzenden von Unternehmen in Südwestfalen verwendet. Für die Verwendung gelten in Europa strenge Schutzvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein komplettes Verbot würde dazu führen, dass die entsprechenden Teile, zum Beispiel für die Autoindustrie, in Zukunft von Firmen außerhalb der Europäischen Union produziert würden, in denen die Umwelt- und Gesundheitsschutzstandards, wenn überhaupt vorhanden, deutlich niedriger sind. Für die Umwelt ändert sich durch ein Verbot nichts, aber gefährdet hunderte Arbeitsplätzen in Südwestfalen.



Kreislaufwirtschaft und Bekämpfung von Plastikmüll - Jeder gewinnt


Ein riesiges Problem ist die zunehmende Vermüllung der Weltmeere. Rund 140 Millionen Tonnen Plastikmüll schwimmt in unseren Meeren. Die Fläche entspricht ungefähr der Größe Mitteleuropas. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird es bald mehr Plastikmüll als Fische in unseren Ozeanen geben. Dies müssen wir auch im Interesse unserer Kinder und Enkel vermeiden. Deshalb haben wir erst kürzlich Maßnahmen beschlossen, um Verpackungsmüll und Verpackungen zu reduzieren. Das stärkt unseren Binnenmarkt für recycelte Rohstoffe und baut unsere Kreislaufwirtschaft weiter effizient aus. Hier konnte ich vor allem die Anliegen der Papierindustrie in Südwestfalen, wie z.B. die der Firmen Fernholz aus Meinerzhagen, WEPA aus Arnsberg oder Reno de Medici aus Arnsberg einbringen. Ich halte das für sehr wichtig, weil wir Plastik und Papier nicht auf eine Stufe stellen dürfen. Papier ist ein nachhaltiges Material. Firmen, die Plastik vermeiden, indem sie Papier einsetzen, dürfen nicht bestraft werden. Wir dürfen uns in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch nicht im Detail verlieren. Ideologische Verbote, die aber nicht wirklich zur Vermeidung von Müll beitragen, wie z.B. von Papier-Zuckertütchen, konnte ich im EU Parlament abwenden.

Schon mit diesen wenigen Beispielen aus Südwestfalen kann man verdeutlichen, dass kluge Umwelt- und Klimapolitik nicht mit wirtschaftliches Wachstum im Widerspruch stehen muss. Wir wollen Ökologie und Ökonomie erfolgreich gemeinsam und ohne Ideologie vereinen. Dies machen wir im Gegensatz zu den Grünen, die immer höhere CO2-Reduktionen fordern, ohne die wirtschaftlichen Interessen im Blick zu haben. Dem Klima ist es aber ebenso wenig wie der Wirtschaft geholfen, wenn wir beispielsweise unsere energieintensive Industrie mit zu strengen Vorgaben aus der Europäischen Union vertreiben, die dann neue Produktionsstätten mit weniger Umweltschutz- und Arbeitsschutzstandards außerhalb der EU schafft. Dem Klima ist damit in keinster Weise geholfen.  

Dass die Politik, insbesondere die der Grünen, von Ideologie statt Vernunft geprägt ist, wird immer wieder deutlich. Als die EU das weltweite erste verbindliche Klimareduktionsziel der Welt aufstellte, stimmten die Grünen dagegen, weil ihnen dieser unfassbar große Erfolg für den Klimaschutz nicht weit genug ging. Herkömmliche Pflanzenschutzmittel wollten sie auf einem großen Teil unserer landwirtschaftlichen Flächen verbieten - und das in Zeiten von inflationsgetriebenen Lebensmittelpreisen. Statt den technologischen Fortschritt zu fördern, besiegelten sie das Ende des Verbrennermotors und stellen unsere heimische Zuliefererindustrie damit vor große Herausforderungen. Entsetzt war ich darüber, dass ein Teil der Liberalen und Sozialdemokraten bei all diesem Unsinn mitgemacht hat. Damit haben sie eindrucksvoll gezeigt, wie kluge Umweltpolitik nicht funktioniert.