Neuer Fokus der Europäischen Klimapolitik nötig / Kommission muss sofort Task Force für internationale CO2-Märkte einrichten / Drei weitere Bedingungen um Industrie, Landwirt- und Forstwirtschaft und Familien mit niedrigen Einkommen in die Lage zu versetzen, ambitionierte Ziele umsetzen zu können
„Wir müssen uns viel mehr darauf konzentrieren, Drittländer davon zu überzeugen, unserer ehrgeizigen Politik zu folgen. Die Einführung von CBAM stößt bei Drittländern auf großes Interesse. Viele von ihnen wollen kooperieren. Die GD CLIMA wird mit Anfragen zur Zusammenarbeit und Beratung überschwemmt, hat aber nicht genug Personal, um den Wünschen der Drittländer gerecht zu werden. So sprachen zum Beispiel die Vertreter Singapurs mit der Delegation des Parlaments während der COP in Dubai. Sie sagten, dass sie ein Emissionshandelssystem haben und uns bei unseren Bemühungen unterstützen wollen, aber die Kommission hatte keine Zeit, mit ihnen zu sprechen. Deshalb ist die wichtigste Maßnahme, dass die Kommission eine spezielle Task Force für internationale Klimamärkte einrichtet, die mit Drittländern zusammenarbeitet und technische Beratung leistet. Dies wird die effektivste und billigste Klimamaßnahme aller Zeiten sein,“ erklärte Dr. Peter Liese, umweltpolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) im Vorfeld der Veröffentlichung der Mitteilung der Europäischen Kommission zu den 2040-Klimazielen.
„Wichtiger als das 2040-Ziel mit einer konkreten Zahl zu versehen, sind die Bedingungen. Nur wenn wir Industrie, Bürger und Landwirte in die Lage versetzen, neue Technologien wirklich zu nutzen, werden wir dem Klima helfen", sagte Dr. Peter Liese bei einem Online-Pressegespräch für Journalisten. Quellen erwarten, dass die Kommission die Emissionsminderungen für 2040 auf -90% netto festlegen will. Das Klimaziel der EU für 2030 liegt bei -55% netto im Vergleich zu 1990. „Ein 90%-Ziel für 2040 ist wirklich ehrgeizig. Es stimmt zwar, dass 88 % durch die Umsetzung der bereits bestehenden Maßnahmen erreicht werden, aber einige dieser Maßnahmen sind noch nicht einmal eingeführt (z. B. ETS 2 und CBAM) oder werden ihre volle Bedeutung erst im Laufe der Zeit zeigen. Ein Indiz dafür, dass dieses Klimaziel wirklich ehrgeizig ist, ist die Tatsache, dass der Vorschlag der europäischen Grünen, im Jahr 2040 sogar 100 % zu erreichen, bereits von den deutschen Grünen, die an der Regierung sind, vor ihrem europäischen Parteitag in Lyon an diesem Wochenende heftig kritisiert wurde. Wenn selbst die deutschen Grünen die europäischen Grünen als zu ehrgeizig kritisieren, dann sieht man, wie weit die europäischen Grünen von der Realität entfernt sind.“ Neben den internationalen Maßnahmen und der Task Force betonte Liese drei weitere Punkte:
1) „Unsere Industrie ist bereit, in die Klimaneutralität zu investieren, aber Chemikalienverbote und kontraproduktive nationale EU-Gesetze stehen ihr oft im Wege. Daher ist die Verabschiedung des Gesetzes für Netto-Null-Industrien (Net Zero Industry Act, NZIA) nah am Mandat des EU Parlaments dringend erforderlich. So schnell wie möglich müssen aber auch weitere Schritte folgen, insbesondere die entsprechenden Rechtsvorschriften zum Aufbau der nötigen Infrastruktur für CCS und CCU. Wir müssen der Industrie Rückenwind geben und keinen Gegenwind.
2) Land- und Forstwirtschaft sind die einzigen Wirtschaftszweige, die schon jetzt in erheblichem Maße zur Bindung von CO2 aus der Atmosphäre beitragen. Europa muss mit den Landwirten und Waldbesitzern zusammenarbeiten und die Land- und Forstwirte als Partner und nicht als Gegner einer ehrgeizigen Klimapolitik zu sehen.“
3) Für Menschen mit geringem Einkommen, insbesondere für diejenigen, die jeden Tag hart arbeiten, bei denen das Geld aber trotzdem nicht für große Ersparnisse reicht, sind einige Klimamaßnamen eine Herausforderung. Deshalb müssen Kommission und Rat nicht nur mit aller Energie an der Umsetzung des Klimasozialfonds arbeiten, sondern auch ganz klar die Verpflichtung aus der ETS-Richtlinie umsetzen, die Menschen auch aus den nationalen Einnahmen des ETS gezielt zu unterstützen und soziale Aspekte dabei zu berücksichtigen.“